Lehrfahrt Neuhausen 18.7.2015

Am Samstag, 18. Juli 2015, pünktlich um 8 Uhr, ist Abfahrt am Verwaltungsgebäude. Das Wetter ist schlecht abzuschätzen. Kommt auf das Gewitter heute Nacht mit Blitz und Donner noch der dringend benötigte Regen, fragen sich die Mitglieder des Obst-und Gartenbauverein am heutigen Morgen. Wir werden sehen, was uns der Tag noch beschert. Das Thermometer zeigt 24 Grad, es ist schwül warm.
Zuerst einmal begrüßt Stefan unserer Busfahrer Dietmar, der ja allseits bekannt ist, und die 39 Mitglieder,die sich für die heutige Lehrfahrt rechtzeitig angemeldet hatten.
Unsere Fahrt geht über Reutlingen, Unterhausen, Großengstingen, Trochtelfingen und Mägerkingen über die Schwäbische Alb. Das früher Schloss Maria Berg zeigt sich deutlich im hellen Sonnenschein auf dem Berg. Die Sonne scheint noch nicht ausgeschlafen zu sein, der Himmel ist leicht getrübt. Nach Gammertingen und Hettingen, entlang der Hohenzollernstraße und dem Laucherttal erreichen wir nach einer gemütliche Fahrt gegen 9.20 Uhr Jungnau, wo wir bei der Firma Cedros angemeldet sind.

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Die Cedros GmbH ist eine von wenigen Perlmuttschleifereien, die es noch in Deutschland gibt. Im Jahre 1951 wurde sie von Hans Fuss und seinem Sohn Walter als Tochterfirma der „Reutlinger Knopffabrik“ in Jungnau mit der Intention gegründet, aus Perlmutt mehr zu machen als nur Knöpfe. Bald fertigte der Betrieb Damen- und Herrenschmuck. Beim Bau hochwertiger Musikinstrumente findet Perlmutt heute noch Anwendung.
Viele Verzierungen findet sich bei Uhren, Brillen und Messern. Bald kamen Einzelanfertigungen für Möbelbeschläge, verschiedene vom Kunden gewünschte Einzelstücke und andere Objekte dazu. Das Ausgangsprodukt ist die Perlmutter, die sogenannte Perlmuschel. Perlmutt wird von vielen Kreisschnecken, Turban- oder Rundmundschnecken, den Seeohren sowie dem Perlboot produziert und besteht zu über 95% aus dem Mineral Calciumcorbonat und bis zu fünf Prozent aus organischer Materie. Die innerste Schalenschicht schalenbildender Mollusken wird als Perlmutt (Perlmutter) bezeichnet. Die Farben des Perlmutts unterscheiden sich je nach Spezies und geographischer Herkunft.
Noch heute haben sie dort vereinzelt einen derartigen Stellenwert. Eine andere Währungsform waren die Perlmutt-Chips in vielen europäischen Casinos bis Ende des 19. Jahrhunderts. Die geschliffenen und polierten Schalen der Perlmuscheln waren ein gängiges Währungsmaterial z. B. in der polynesischen Welt.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Frau Maria Fuss gibt sie Einblick in die Entstehung der Perlmuschel, englischer Ausdruck „Mother of Pearl“ und die Verarbeitung des Rohmaterials. Zum besseren Verstehen werden verschiedene Perlmutt-Hälften herumgereicht.

Neben Muscheln und Schnecken aus Süß- und Salzwasser werden in der Produktion auch andere Materialien wie Edelhölzer, Mammut-Elfenbein, Bein, Horn und Kunststoffe eingesetzt. Zuerst werden die Rohlinge der Muscheln in die benötigten Kleinteile zerteilt. Danach sind mehrere Schleifgänge nötig bis das gewünschte Schmuckteil entsteht und mit Silber zu schönen Schmuckstücken verarbeitet wird. Der Rest wird gemahlen und einer weiteren Verwendung zugeführt.
Wir dürfen einen Rundgang durch die Schleiferei machen, bei einer besonderen Feinarbeit zusehen und erfahren anschließend in einem Kurzseminar Einblick in die verschiedenen Formen und Arten der Perlmuttmuschel. Natürlich führt kein Weg an der Ausstellung und Verkaufsraum der fertigen Schmuckstücke vorbei. Manch eine Frau kann den schönen Stücken nicht widerstehen.

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Nach den interessanten Ausführungen bedanken wir uns bei Frau Fuss und ziehen weiter. Dietmar hat den Bus an einem schattigen Platz unter einer großen Linde abgestellt.
Auf dem Weg dorthin finde ich am Rande der Straße einen bemerkenswerten Spruch:

„Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit“

Um 11.20 Uhr fahren wir weiter. Es fängt leicht zu regnen an. Zuerst gibt es einen kleinen Umweg, aber dann haben wir mit vereinten Kräften dem Navi widersprochen und den richtigen Weg in Richtung Meßkirch gefunden.

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Wenige Kilometer nach Emmendingen finden wir auch den Berg-Gasthof Witthoh, wo das Mittagessen für uns vorbereitet ist. In dem Panoramarestaurant, welches von drei Seiten mit einer Glasfassade umgeben ist, ist für uns gedeckt. Am warmem Büfett gibt es Rinderbraten, Rinderzunge, Schweinelendchen, zwei verschiedene Soßen, Kartoffelgratin, Spätzle und verschiedene Salate. Das Essen schmeckt ganz hervorragend.
Gestärkt und zufrieden steigen wir wieder in den Bus.

 

Ich nehme mir einen Augenblick Zeit, um den „lachenden Stein“ zu suchen. Der befindet sich nur wenige Meter auf einer kleinen Anhöhe auf dem „Witthoh“. Es handelt sich um einen Grenzstein, der einst die Grafschaften Hohenberg, Fürstenberg und Nellenburg trennte. Daneben befindet sich ein Gedenkstein zur Erinnerung an den Müller Andreas Storz aus Rosenfeld bei Balingen, der hier am 26. April 1794 beraubt und tödlich verletzt wurde.

 

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Stefan möchte seiner Sache sicher sein und verteilt die Speisekarte für das Restaurant, wo wir zu Abend essen werden.
Um 14.45 Uhr erreichen wir das Freilichtmuseum von Neuhausen ob Eck.
Nachdem jeder seine Eintrittskarte bekommen hat, kann sich jeder nach Belieben in dem großen Areal umschauen.
Wer erfahren will, wie das Landleben früher war, ist im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck genau am richtigen Platz. Umgeben von Wiesen und Wäldern liegt das Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck in einer reizvollen Landschaft etwa 25 km nördlich des Bodensees, direkt neben dem wildromantischen Oberen Donautal, ungefähr 13 km östlich von Tuttlingen. 

Historische Gebäude

25 wieder aufgebaute Häuser aus den Landschaften Schwäbische Alb, Schwarzwald, Bodensee, Hegau, Baar und Oberer Neckar geben anschaulich Einblicke ins ländlich-bäuerliche Leben früherer Zeiten.
Durch ihre stimmige Einrichtung vermitteln sie einem ein wirklichkeits-nahes Bild, wie es einst in einem Bauernhaus und auf dem Dorf aussah. Den Mittelpunkt bildet ein kleines Dorf mit Kirche, Bauernhaus, Schul- und Rathaus, Kaufhaus, Schmiede, Hafnerei, Farrenstall und Brunnen auf dem Dorfplatz. Jedes Haus erzählt seine eigene Geschichte.
Einige von uns gehen zuerst zu den Vorführungen der Hochgangsäge Unterkirnach und der kleinen Hausmühle Peterzell, die beide mit großen Wasserrädern angetrieben werden.
Im Haldenhof aus Schonach sieht es aus, als ob gerade der Hausherr den Raum verlassen hat. Auf dem Tisch liegt ein Brief und Bleistift, eine Wasserflasche steht daneben und eine Jacke hängt über dem Stuhl.
In dem Brief lese ich einen Spruch, der mir gefällt:
Was du liebst, musst du loslassen, kommt es zu dir zurück,
war es nie fort. Bleibt es weg, hat es dir nie gehört.“

Das Haus und das Amt

Die Besitzer dieses Hauses übten im 17., 18. und 19. Jahrhundert lange Zeit wichtige Ämter in der Dorfgemeinschaft aus.
Zoller Kaspar Langenbacher (bis 1698),sein Sohn Anton (bis 1735) und dessen Nachfolger Josef Lauch hatten jeweils das Amt des Zolleinnehmers inne. Dieses bedeutet für den Amtsinhaber soziales Prestige und zusätzliche Einnahmen. In dieser Zeit erfolgte nachweislich ein wirtschaftlicher und ein sozialer Aufstieg der Besitzer. Der sich sichtbar in der Umgestaltung des Hauses in dieser Zeit niederschlug.
Mein Weg führt mich vorbei an der Dorfkirche Tischardt, in der heute eine Trauung statt gefunden hat (das Brautpaar befindet sich noch auf dem Gelände) bis zur langgestreckten Seilerei und zurück am Schul- und Rathaus, dem Weberhaus, dem Wasch- und Backhaus, dem Bärbele Haus, dem Bienenhaus und der Stallscheune vorbei.
Im Bauernhaus Mariazell, das wohl früher den Schultheißens, heute würde man Bürgermeister sagen, gehört hatte. Ich schreibe die Geschichte einfach ab.

Vogt und Schultheiß

Im Jahr 1806 übernahm ein Besitzer dieses Gebäudes, Joseph Flaig, erstmals das oberste Amt im Dorf; er wurde (Stab-)Vogt, zehn Jahre lang gerade in einer Zeit, als Mariazell mit der Herrschaft Schramberg an das Königreich Württemberg kam und die Zugehörigkeit zum Oberamt mehrfach wechselte. Auch sein Sohn Joseph war von 1819-1828 Ortsvorsteher, zu dieser Zeit nun „Schultheiß“ genannt. Ab 1862 befindet sich das Gebäude wieder im Besitz eines Schultheißen, als Andreas King, der dieses Amt fast 30 Jahre ausübte, das Haus erwirbt.
Diese und noch mehr Geschichte gibt es im Bauernhaus Mariazell und dem Rathaus der Gemeinde aus Bubsheim.
Es wird langsam Zeit, zurück zu gehen. Als ich langsam zum Ausgang komme, heißt es, wenn alle da sind, können wir früher abfahren. Aber es sind nicht alle da, vier Personen halten sich an die genannte Abfahrtszeit. Das Restaurant ist belegt mit den Hochzeitsgästen.
Trotzdem kommen wir 15 Minuten früher weg als geplant. Wir fahren entlang dem Donautal bei Fridingen a.d. Donau und dem Bärenthal. Bei Albstadt geht es ab in den Ortsteil Laufen.
In der „Traufganghütte“ sind wir zum Abendessen verabredet. In einem rustikalen Nebenraum sind Plätze reserviert. Der Service für Getränke und bestellten Essen geht entsprechend den Gegebenheiten zügig.
Aber es kommt, wie es kommen muss, jeder noch so schöne Tag geht einmal zu Ende. Wichtig ist noch ein schönes Gemeinschaftsfoto auf der Treppe zur Traufganghütte.

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Gegen 19.45 Uhr steigen wir ein letztes Mal zu Dietmar in den Bus. Während der Fahrt ist es deutlich gesprächiger im Bus. Als wir durch Ofterdingen fahren, verrät Stefan, dass er hier im Hause seiner Großeltern zur Welt kam. Zum Glück, sonst hätten wir ihn sehr vermisst.
Als unser schönes Dorf in Sichtweite rückt, bedankt sich Stefan bei Dietmar für die gute Fahrt mit einem entsprechenden Umschlag, sogar mit Smaili, ach wie schön.
Es war wieder eine gelungene, und vor allem eine gemütliche Lehrfahrt, an die man gerne zurück denkt. Vielen Dank Stefan!

Kirchentellinsfurt, den 19. Juli 2015
Ingeborg Schauer